Nationale Strategien, Strukturen und Modelle

Warum Strategie? Ein Idealmodell der Filmbildung

Warum ist es eine gute Idee, unsere Ideen, Ressourcen und Pläne in etwas zu ordnen, das man "Strategie" nennt?

Nationale Strategien, Strukturen und Modelle

Die Idee einer „Strategie“ lässt sich ganz zynisch als ein Dokument, eine Powerpoint-Präsentation oder eine kurze Publikation betrachten, die große Behauptungen aufstellt, kühne Versprechungen macht, aber nur wenige Einzelheiten enthält. Zu oft werden Strategien in der Führungsetage einer Organisation entworfen und zur Umsetzung nach unten weitergegeben. Sie betreiben oft Nabelschau und beruhen auf der Vorstellung, dass die Außenwelt schon mitziehen wird. Der legendäre Management-Guru Peter Drucker sagte bekanntlich: „Kultur isst Strategie zum Frühstück.“ Seine Einsicht traf den Nerv der Zeit: Selbst die klügsten Denker*innen mit den beeindruckendsten Powerpoint-Präsentationen kommen gegen die Realität nicht an.

Die Welt der Wirtschaft, des Handels, der Politik, der Bildung und der Kultur weiß von unzähligen solch kühner idealistischer Pläne, die obsolet wurden, als die Regierung (oder der*die Vorstandsvorsitzende) wechselte. Bei der Filmbildung ist das nicht anders. Aufgrund der sozialen und kulturellen Realitäten in unserer Welt ist jeder Versuch äußerst schwierig, couragierte Pläne im Bereich der Filmbildung zu schmieden. Zum Beispiel sorgt die Dominanz der amerikanischen Filmstudios auf dem britischen Filmmarkt dafür, dass nicht-englischsprachige oder unabhängige englischsprachige Nischenfilme es sehr schwer haben, ein Publikum zu erreichen.

Doch wie bei jedem anderen Unterfangen auch muss man manchmal mutig sein, in großen Maßstäben denken und der Kreativität freien Lauf lassen. Eine gemeinsame Vision kann jeder Organisation, egal wie groß oder klein, große Kräfte verleihen. Sie hilft den Menschen, über die Details ihres aktuellen Projektes und das Tagesgeschäft hinaus zu denken. Wenn sie wirklich genauso „von unten nach oben“ wie „von oben nach unten“ gedacht wird und alle Beteiligten und Interessengruppen berücksichtigt, kann eine Strategie für Klarheit sorgen, Sinn stiften, aufregend sein und neue Energien freisetzen.

2012 hat eine Gruppe europäischer Organisationen in 33 EU- und EWR-Ländern nach dem Stand der Filmbildung in Europa gefragt. Sie stellten fest, dass es nur in einer Handvoll Länder einen umfassenden Plan für Filmbildung gab, der alle Bereiche, Beteiligten und Interessengruppen einbezog und, was entscheidend ist, von allen Hauptakteur*innen aktiv unterstützt wurde. In der Veröffentlichung der Umfrage, „Screening Literacy“, werden alle der folgenden Bestandteile eines „Idealmodells der Filmbildung“ genannt.

Aufgabe

Denken Sie an Ihr eigenes Land, Ihre Region oder Ihre Organisation: Wie viele Elemente des „Idealmodells“ finden Sie darin wieder? Wissen Sie, ob es in Ihrem Land oder Ihrer Region eine umfassende Strategie für Filmbildung gibt? Schreiben Sie Ihre Gedanken unten in den Notizblock. Interessierte Leser*innen finden hier einen Link zum englischsprachigen, vollständigen Bericht „Screening Literacy“, der das folgende „Idealmodell“ enthält.

EIN IDEALES MODELL DER FILMBILDUNG

Nach unserer Umfrage in den 30 Ländern, mit denen sich dieser Bericht beschäftigt, können wir einige Aussagen zu den Faktoren machen, die starke nationale Modelle der Filmbildung unterstützen, und welche Merkmale diese Modelle charakterisieren.

In der Regel weist in diesen Ländern das System der Filmbildung ein hohes Maß an bereichsübergreifender Koordination auf (Bildungs- und Kulturbehörden des Staates; NGOs; Filmagenturen und Rundfunkanstalten) und wird durch eine nationale Strategie unterstützt. Die Filmbildung erfüllt eine Reihe von Zielen auch für die Filmindustrie (aufgeschlossenes Publikum; qualifizierte Arbeitskräfte), wird aber grundsätzlich durch den Anspruch untermauert, dass alle Menschen das Recht haben, bewegte Bilder „lesen“ zu können. Die genannten Ziele werden von allen Mitwirkenden in dieser Kultur ausdrücklich geteilt und geschätzt. Nur wenige fordern Sonderrechte oder eine bevorzugte Behandlung.

Wahrscheinlich ist ein starkes System der Filmbildung Teil einer breiteren Filmkultur, die Bildung und Zugang zu Film für viele verschiedene Menschen (Kinder, ältere Menschen, unterschiedliche Kulturen und marginalisierte Gruppen) unterstützt. Die öffentliche Finanzierung der Filmkultur trägt diesem Auftrag Rechnung.

Die Lernenden und das Lernen in der informellen Bildung werden ebenso hoch geschätzt wie in der formellen Bildung, zugleich werden ihre Besonderheiten anerkannt. Es besteht ein Bewusstsein dafür, dass die Dienstleistungen in allen Bereichen zuverlässig und unabhängig evaluiert werden müssen; die Dienstleister*innen spüren (auch auf nationaler Ebene) eine klare Verpflichtung zur Verbesserung der Versorgung.

Diese Länder zeichnen sich durch eine hohe Beteiligung an Aktivitäten im Bereich der Filmbildung aus, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt und deren Ergebnisse ausgewertet und aufgezeichnet werden. Die Finanzierung wird von der öffentlichen Hand, der Wirtschaft, dem Bildungs- und Kultursektor gemeinsam getragen und erfolgt im Rahmen eines gemeinsamen nationalen Plans.

Die Mitarbeiter*innen im Bereich der Filmbildung, von ausgebildeten Filmlehrer*innen über Lehrkräfte anderer Fächer mit Interesse am Film bis hin zu anderen pädagogischen Fachkräften in Schulen und Beschäftigten im informellen Sektor (freiberufliche Pädagog*innen, Sozial- und Gemeindearbeiter*innen, Kulturarbeiter*innen) haben erkennbare und finanzierte berufliche Möglichkeiten, sich vom Einsteiger oder von der Einsteigerin zum*zur Expert*in zu entwickeln und die erzielten Erfolge zertifizieren zu lassen.

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